Website of Tobias Westmeier

Herbsttagung der Astronomischen Gesellschaft 2002

»The cosmic circuit of matter«, unter diesem Motto fand vom 24. bis 28. September 2002 in Berlin die Herbsttagung der Astronomischen Gesellschaft (AG) statt. Die Astronomische Gesellschaft wurde ursprünglich im Jahr 1869 gegründet mit dem Ziel der Förderung der Wissenschaft. Die Aktivitäten der AG sind breit gefächert und reichen von der Durchführung wissenschaftlicher Tagungen und der Herausgabe wissenschaftlicher Publikationen bis hin zur Förderung des astronomischen Unterrichts in der Schule. Derzeit beherbergt die AG etwa 800 Mitglieder aus aller Welt, vornehmlich aber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auf der alljährlich stattfindenden Herbsttagung der AG treffen sich die Astronomen, um eine Woche lang in Vorträgen und Gesprächen ihre eigene Arbeit vorzustellen und sich über die Arbeiten ihrer Kollegen zu informieren.

Fachvorträge zu aktuellen Forschungsthemen

Ort der diesjährigen Tagung war der Physikneubau der Technischen Universität Berlin. Hier traf man sich bereits am Montag zu einem zwanglosen Begrüßungsabend mit Speis und Trank. Bei einem frischgezapften Bier entwickelten sich bald allerorten angeregte Gespräche unter alten wie neuen Bekannten, wobei natürlich nicht nur über die Astronomie gesprochen wurde. Die folgenden Tage waren schließlich ganz den zahlreichen Fachvorträgen gewidmet, die in verschiedene Kategorien unterteilt waren. Gemäß dem Motto der Tagung befaßten sich die sogenannten Highlight Talks mit aktuellen Forschungsthemen und Ergebnissen aus dem Bereich des kosmischen Materiekreislaufs. Von der interstellaren Materie über die Entstehung der Sterne bis hin zu deren Ende reichte die Themenvielfalt der Vorträge. Dem gegenüber standen die sogenannten Review Talks, die in knapper Form in ein bestimmtes Forschungsgebiet der Astronomie einführen sollten, um auch den in diesem Bereich weniger kundigen Zuhörern ein Verständnis weiterführender Vorträge zu gestatten. Jedoch fiel es den Dozenten mitunter schwer, diesen Rahmen einzuhalten. Es war natürlich verlockend, die eigenen Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet in den Vortrag einzuflechten, so daß der ein oder andere wohl eher als Highlight hätte deklariert werden müssen.

»Fachsimpelei« in den Splinter Meetings

Highlight- und Review-Vorträge waren so allgemein gehalten, daß sie alle Tagungsteilnehmer ansprechen konnten. Zur »Fachsimpelei« trennte man sich darüber hinaus in verschiedene Gruppen auf, um in den sogenannten Splinter Meetings verschiedene aktuelle Forschungsgebiete der Astronomie eingehender zu besprechen. In den Splinter Meetings waren es vor allem junge Doktoranden und Postdocs, denen die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Arbeiten in einem zehnminütigen Vortrag der Astronomiegemeinde vorzustellen und sich darüber hinaus bekannt zu machen, ein mitunter wichtiger Aspekt bei einer späteren Stellensuche. Die Themengebiete der einzelnen Splinter Meetings waren weit gestreut und befaßten sich sowohl mit der Erforschung astronomischer Objekte (Planetary Systems and their Formation, Active Black Holes, Galaxy Groups) als auch mit Beobachtungsmethoden der modernen Astrophysik (X-ray Astronomy from the Solar System to the High Redshift Universe, Interferometric Insights into the Cycle of Matter). Selbst die Untersuchung und Bekämpfung der zunehmenden Lichtverschmutzung war Thema eines Splinter Meetings. Neben den Vorträgen wurde den Wissenschaftlern auch die Möglichkeit gegeben, ihre Forschungen in Gestalt von Postern zu präsentieren, die in den Fluren des Tagungsgebäudes aushingen und zu eingehenderer Beschäftigung mit dem dargestellten Forschungsgebiet einluden.

Karl-Schwarzschild-Medaille für Charles H. Townes

Neben dem wissenschaftlichen Programm war auch die Verleihung verschiedener Preise ein wichtiger Bestandteil der Tagung. Die Karl-Schwarzschild-Medaille wird alljährlich an Astronomen von hohem wissenschaftlichen Rang verliehen, die sich um die Astronomie in besonderer Weise verdient gemacht haben. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an den Laser-Pionier und Nobelpreisträger Prof. Dr. Charles H. Townes von der University of California in Berkeley. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gehörte Charles Townes zu den Entdeckern des Laser- bzw. Maser-Prinzips, wofür er 1964 gemeinsam mit Alexander Prokharov und Nikolai Basov mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. 1967 begann Charles Townes an der University of California in Berkeley mit seinen Arbeiten zur Astrophysik, wobei er sich mit der Erforschung interstellarer Moleküle beschäftigte. Verbunden mit der Preisverleihung war die Karl-Schwarzschild-Vorlesung unter dem Titel »The Behavior of Stars Observed by Infrared Interferometry«, in der der Preisträger über interferometrische Beobachtungen von Sternen im Infraroten berichtete.

Darüber hinaus wurden noch zwei weitere Preise von der Astronomischen Gesellschaft verliehen. Zum einen erhielt Ralf S. Klessen vom Astrophysikalischen Institut Potsdam den Ludwig-Biermann-Förderpreis für seine Arbeiten zur Entstehung von Sternen und Sternhaufen in turbulenten Molekülwolken. Der Preis wird alljährlich an junge, herausragende Astronomen vergeben, denen mit dem Preisgeld ein Forschungsaufenthalt ermöglicht werden soll. Zum anderen wurde der Hans-Ludwig-Neumann-Preis an den Lehrer Michael Winkhaus für dessen herausragende fachdidaktische Arbeit im schulischen Astronomieunterricht vergeben. Michael Winkhaus betreibt am Carl-Fuhlrott-Gymnasium in Wuppertal eine Astronomie-AG, in deren Rahmen er ein interessantes und wertvolles Schülerprojekt zur Sternspektroskopie durchgeführt hat.

Status

© 2023 Tobias Westmeier
Contact | Last modified: 26 September 2023